Traurigkeit

Ob das Gefühl sich einschleicht, weil man gerade jemanden vermisst, der große Traum scheitert, die Liebe nicht erwidert wird oder ob man einfach nur mit dem falschen Bein aufgestanden ist: Jeder fühlt sich dann und wann traurig.

Trotzdem äußern und teilen wir traurige Gefühle seltener als freudige Gefühle. Traurigkeit soll schnell geklärt, weggepackt und zur Not ignoriert werden. Dabei brauchen wir vielmehr die Möglichkeit auch mit unserer Traurigkeit sein zu dürfen. Gerade jetzt, inmitten und auch nach der Pandemie.

Die weit verbreitete Idee, dass Glück machbar ist, lässt uns Momente der Traurigkeit wie vertane Zeit erscheinen. Wir lesen fleißig Zeitschriften mit Tipps zur Selbsthilfe, stürzen uns in die Arbeit und ziehen von einem Fest aufs nächste Festival, gerne unterstützt von Drogen. Und, wenn wir doch mal nicht mehr können, verstecken wir uns im Bett.

Wir scheinen zu vergessen, dass das Leben einen hebenden und senkenden Rhythmus bereithält. Ein Rhythmus der in unserem Zusammenleben nicht wirklich spürbar ist. Wo Glück großzügig gezeigt wird, scheint Traurigkeit ein verborgenes Gefühl zu sein, das, wenn überhaupt abgesondert oder allein erlebt wird.

Wo kann man hingehen, wenn man mal loslassen will? Mal eine Träne vergießen möchte, anstatt zu feiern. Mal erleben, dass man nicht der einzige Mensch ist?

Traurigkeit ist ein Tabu. Ein ungesundes Tabu, dass zu Einsamkeit und Depression führen kann. Ein Tabu das durchbrochen werden sollte, damit wir Traurigkeit als Teil des Lebens erkennen können.